Mit dem Wünschewagen an die Nordsee

Pressemitteilung Ritterhude, 04. Januar 2024

Marie-Luise Romanski genoss den Ausflug mit der Familie in Cuxhaven-Döse

Ritterhude. „Ich wollte gerne noch einmal ans Meer. Die Fahrt hat sich gelohnt, es war traumhaft schön und die Überraschung war gelungen. Ich hatte ja selbst erst zwei Tage vorher davon erfahren.“ Marie-Luise Romanski ist an Krebs erkrankt und lebt im Haus Christian in Ritterhude. In ihrer letzten Lebensphase wird sie seit August dieses Jahres vom Ambulanten Hospizdienst des Diakonischen Werkes des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Osterholz-Scharmbeck und dem Osterholzer Palliativnetz begleitet. Ihr Lebenswunsch, noch einmal einen Tag mit der Familie am Meer in Cuxhaven-Döse zu verbringen, erfüllte sich im Spätherbst dieses Jahres mit dem Wünschewagen des Lebenswusch e.V.

Dabei wollte die 72-Jährige zunächst gar nicht in den Rettungswagen aus Bremerhaven, der als Wünschewagen fungierte, einsteigen und zeterte: „Ich wollte auf keinen Fall liegend transportiert werden und wusste auch nicht, dass ich im Krankenwagen transportiert werde. Na ja, ich muss immer erst maulen.“ Das mit dem Maulen würde man während des Interviews so nicht vermuten, Marie-Luise Romanski kommt aus dem Erzählen gar nicht mehr heraus und hat einige schöne und zugleich skurrile Geschichten im Gepäck.

Marie-Luise Romanski, die von allen nur Mary genannt wird, stammt aus der Eifel. Sie ist eine geborene Ixfeld, aber selbst das ist nicht hundertprozentig überliefert. Ihr Großvater habe ihr nämlich erzählt, dass seine Großeltern noch Isefeld hießen, aber das s und e ganz komisch geschrieben hätten, so dass irgendwann ein x daraus wurde, erzählt die Seniorin verschmitzt. 43 Jahre war sie mit Albert Romanski verheiratet und ebenfalls 43 Jahre arbeiten die Beiden gemeinsam in der Gastronomie. Romanski: „Mein Mann ist zur See gefahren und hat 44 Länder bereist. Danach arbeitete er als Koch beim 1. FC Köln. Wir haben uns im Hotel-Restaurant Wiedenhof in der Eifel kennen gelernt, als ich im Service ausgeholfen habe. Mein Mann hatte dort eine Wette laufen, dass ich seine Freundin werde. Er hat gewonnen, ich wusste nichts davon.

Gemeinsam hatten sie sich dann selbstständig gemacht und einen Betrieb gepachtet. Da sei immer ordentlich was los gewesen, weiß Romanski. Vereinsheim für fünf Vereine seien sie gewesen und eine Kegelbahn war auch dabei. Als die Pacht erhöht werden sollte, suchten sie sich etwas Kleineres und Eigenes und fanden eine alte Schusterei. In Eigenarbeit konnte diese zu einem kleinen Restaurant mit 24 Plätzen umgebaut werden. Hier pflanzten sie auch einen Kiwibaum auf der Terrasse, der dank der guten Pflege mit seiner hohen Zahl an Kiwis einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde brachte. Marie-Luise Romanski: „Viele Unabhängige kamen zum Zählen vorbei. Es waren über 2.200 Kiwi. War wohl ein gutes Klima dort.“

Am 30.12.2016 wurde das Restaurant geschlossen und der Abschluss mit den Stammgästen gefeiert. Einen Tag später erlitt Albert Romanski einen Herzinfarkt, wurde reanimiert und verstarb dann drei Tage später auf der Intensivstation.  Marie-Luise Romanski verkaufte 2018 das Haus und zog in eine kleinere Wohnung nach Trier. Weihnachten 2018 besuchte sie ihre Tochter Sandra Schütt in Osterholz-Scharmbeck und blieb gleich hier „oben“. Im März 2019 zog sie ins betreute Wohnen ins Haus Christian nach Ritterhude und seit August vergangenen Jahres in den Pflegebereich des Hauses.

Im Sommer äußerte Romanski gegenüber ihrer Tochter ihren Wunsch: „Ach Sandra, wäre das nicht schön, wenn wir noch einmal ans Meer könnten.“ Diese wollte sich mal umhören, was möglich sei. Sandra Schütt war mittlerweile auch an ihre Grenzen gekommen, da ihre Mutter immer häufiger mit Schmerzattacken zu tun gehabt hatte. Nach der zweiten Coronaimpfung bekam Romanski eine Blutdruckkrise, die in der Notaufnahme endete. Diese Erfahrung, sowie die Erlebnisse ihrer anderen Krankenhausaufenthalte und die ihres Mannes brachten für sie die Erkenntnis, dass sie nie mehr in ein Krankenhaus möchte. Sandra Schütt: „Ich kann die Verantwortung nicht alleine übernehmen, deswegen die Idee es mit dem ambulanten Hospizdienst zu machen.“

Trotz der anfänglichen Vorbehalte über den liegenden Transport war Mary Romanski am Ende glücklich, dass es auf diese Weise nach Hause ging: „Der Tag war ganz schön anstrengend.“ Sie hatte zwar ihren Rollstuhl dabei, es gelang ihr aber auch einige Strecken zu Fuß zu absolvieren. Romanski: „Ich habe unglaublich gezehrt von dem Tag. Es war alles so stimmig, einfach klasse. Ich habe hier schon gut Werbung gemacht.“ Ein bisschen Strand hat sie sich auch mitgenommen und zeigt stolz die Dosen in ihrem Regal: „Jetzt muss ich nur aufpassen, dass der Deckel nicht aufgeht.“

Ambulanter Hospizdienst

Marie-Luise Romanski wurde nicht nur während der Fahrt mit dem Wünschewagen von Heinke Schmidt vom ambulanten Hospizdienst begleitet. Seit August ist Schmidt einmal die Woche an ihrer Seite. Schmidt: „Wir begleiten Menschen in der letzten Lebensphase als Unterstützung im Alltag für Betroffene und auch für Angehörige, denn gerade für diese und insbesondere für Kinder besteht ordentlich Gesprächsbedarf.“ Der Wünschewagen war auch für sie etwas Neues, allerdings musste eine examinierte Krankenschwester dabei sein, da Rettungssanitäter keine Medikamente verabreichen dürfen.

Heinke Schmidt ist eine von 40 Hospizbegleitungen, die Palliative Patienten und Langzeitpatienten begleiten. 2019 hat sie die hierfür notwendige Fortbildung gemacht und lobt die Unterstützung: „Wir treffen uns einmal monatlich und werden sehr gut betreut. Sterben gehört zum Leben dazu und für mich ist das eine gute Aufgabe. Die Leute sind sehr unterschiedlich, einige besuchen wir zu Hause, andere in Krankenhäusern oder in Pflegeheimen.“ Schmidt ist von Haus aus Krankenschwester, mittlerweile aber in Rente. Eineinhalb Stunden ist sie in ihrem Ehrenamt wöchentlich bei Romanski, daneben betreut sie noch eine 96jährige Frau. „Es ist gut, dass wir dich haben“, wirft Romanski ein. Beide Frauen genießen die Zeit miteinander, oftmals wird die Begleitung viel zu spät gerufen. Schmidt: „Dann lernt man die Leute gar nicht mehr richtig kennen, das ist schade.“

Koordiniert werden die Begleitbesuche von den Hauptamtlichen Kräften des Diakonischen Werkes. Eine Kontaktaufnahme ist unter der Telefonnummer 04791 80687 oder per E-Mail (hospizdienst.osterholz@evlka.de)  möglich. Das Osterholzer Palliativnetz für eine ärztliche Begleitung im psychosozialen Bereich und mit modernen Mitteln der Schmerztherapie findet man über deren Homepage www.opal-netz.de.