Kirchen bleiben kalt

Pressemitteilung Grasberg. Lilienthal. Kirchtimke, 01. November 2022

Gottesdienste finden in den Gemeindehäusern und Kapellen statt – Wärmestuben bei Bedarf möglich

Lilienthal/Grasberg/Kirchtimke. Noch herrschen milde Temperaturen, aber niemand weiß, wie kalt der Winter wird. Deshalb machen die steigenden Energiekosten auch den Kirchen zu schaffen. Sie suchen nach Möglichkeiten, Kosten zu sparen. Weniger heizen gilt als der effektivste Weg. Ein schwieriger Spagat: Auf der einen Seite heißt es zwar sparen, aber zugleich wollen die Kirchengemeinden ihre Angebote aufrechterhalten. Mehr noch: Die Evangelische Kirche Deutschland weist die Gemeinden darauf hin, wärmende Orte einzurichten. So reagieren Kirchengemeinden in der Region auf die Energiekrise.

In Grasberg wechseln die Protestanten von der Findorffkirche in das Gemeindehaus. Dass die Kirchengemeinde im Winter ihre Gottesdienste verlegt, ist nichts Neues. Neu ist in diesem Jahr allerdings der Zeitraum. Die Winterkirche beginnt schon im Oktober und läuft bis Ostern. Damit will die Kirchengemeinde Energie sparen und Solidarität zu zeigen, damit das Gas für alle reicht, sagt Pastor Thomas Riesebeck. Allerdings gibt es einige wenige Ausnahmen. Beerdigungen und Trauerfeiern finden nach wie vor in der Kirche statt. Die Temperatur in dem historischen Gebäude wird jedoch auf zwölf Grad Celsius gesenkt. Besondere Gottesdienste finden auf Platzgründen ebenfalls in der Kirche statt. Ebenso verhält es sich bei den Ehrenkonfirmationen. Konzerte in der Kirche begrenzen sich unter anderem auf das Adventssingen. Eine Wärmestube einzurichten, dafür sieht die Kirchengemeinde keinen Bedarf. „Wir meinen, dass viele Leute kein Bedürfnis haben, sich irgendwo aufzuwärmen.“ Sollte sich das aber ändern, würden die Verantwortlichen darüber beraten.

Temperatur auf Minimum

Um Energie zu sparen, bleiben die Klosterkirche in Lilienthal und das Gotteshaus in St. Jürgen zwischen dem 1. Januar und Ende Februar kalt. „Sie werden nicht geheizt beziehungsweise wird die Temperatur auf das absolute Minimum von acht bis neun Grad heruntergefahren“, berichtet Jens Garbade, Mitglied im Kirchenvorstand. Die Gottesdienste finden in diesen acht Wochen in den Gemeindehäusern statt. Der neue Anbau in Lilienthal ist gut isoliert und bietet eine Grundwärme, da es als Veranstaltungszentrum ständig genutzt wird. Die Temperaturen liegen dort bei 16 bis 18 Grad. Eine Extra-Wärmestube ist auch hier nicht vorgesehen. Kritisch betrachtet Pastorin Tanja Kamp-Erhardt die Idee und hält Wärmestuben sogar für kontraproduktiv, sagt sie. Denn ein ständig beheizter Raum lasse sich mit dem Energiespargedanken kaum vereinbaren. Hinzu komme, dass in einer Wärmestube immer jemand anwesend sein müsse, was angesichts der Überlastung der Ehrenamtlichen kaum zu realisieren sei, betont die Seelsorgerin.

Biowärme fürs Gemeindehaus

Man habe alle aufgefordert, auf die Einsparung von Energie zu achten, sagt Kirchenvorstandsmitglied Jens Garbade, was aber auch schon bisher passiert sei. Eine Beleuchtung der Kirche innen und außen soll es in diesem Jahr nicht geben. Um weitere Stromkosten zu sparen, sollen die eigentlich schon sehr verbrauchsarmen Lampen im neuen Anbau bei den Dimm-Einstellzeiten überprüft werden.Energetisch ist die Kirchengemeinde Kirchtimke seit Jahren gut aufgestellt, es gibt nicht viele Gebäude, die beheizt werden müssen. So bezieht das Gemeindehaus seine Wärme aus der Biogasanlage in Westertimke.

Dennoch ist sparen angesagt. Veranstaltungen im Gemeindehaus werden wenn möglich zeitlich hintereinandergelegt. Statt der üblichen 16 Grad herrschen bei Gottesdiensten in der Kirche jetzt nur noch 14 Grad. Und für Andachten werde nicht extra geheizt, erläutert Pastor Christoffer Klemme. Sogar auf sechs Grad runter geht die Temperatur in der Kirche im Januar und Februar, wenn die Gottesdienste reihum in den Kapellen der Kirchspieldörfer stattfinden.

Pastor Klemme sieht die Kirchengemeinde in einer Zwickmühle. „Wir müssen und wollen Energie sparen, wollen aber auch, dass sich die Menschen wohlfühlen“, sagt er. Einen extra warmen Ort zu schaffen, darüber habe die Kirchengemeinde allerdings noch nicht nachgedacht. „Sollte es jedoch vermehrt Anfragen geben, können wir spontan reagieren.“

Gift für die Orgel

Bei ihren Überlegungen, die alten Kirchengemäuer kalt zu lassen, müssen die Kirchengemeinden immer auch die Orgel im Blick haben. Denn wenn Gotteshäuser nur für einen bestimmten Anlass beheizt werden, entstehen große Temperaturunterschiede in kurzer Zeit – und die sind Gift für die Orgel. Trifft warme Heizungsluft auf eine noch kalte Kirchenmauer, kann sich dort Kondenswasse bilden. Auch Menschen geben Wärme und Feuchtigkeit ab. Und dann kann Schimmel entstehen.

ZUR SACHE
Gemeinschaft und Wärme

„Gemeinschaft wärmt“ heißt ein Angebot in der Bremer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Alt-Aumund vor dem Hintergrund steigender Energiepreise. Gäste jeden Alters können im November und Dezember jeden Freitagvormittag in die Kirchengemeinde kommen, um in warmen Räumen und bei warmen Getränken und Keksen Spiele zu spielen, zu singen, Geschichten zu lauschen und ins Gespräch zu kommen. Ergänzend dazu gibt es über den Winter bis Ende Februar an jedem zweiten Freitag im Monat einen Mittagstisch für Menschen, die Gemeinschaft und Wärme suchen. Die St.-Petri-Kirchengemeinde Oyten will ab November wöchentlich ihre Türen öffnen und warme Suppe sowie Heißgetränke anbieten. Ein Teller warmer Suppe für jede oder jeden, die oder der kommen mag. „Ma(h)lzeit!“ wurde das offene Angebot getauft. „Wir erhoffen uns davon, dass die kalten Wohnungen dadurch vielleicht ein bisschen erträglicher werden“, heißt es von den Verantwortlichen. „Niemand soll allein in der Kälte stehen gelassen werden, wir begegnen der Kälte mit Herzenswärme und warmer Suppe“, sagt Pastor Michael Weiland. Die Aktion der Kirchengemeinde Oyten liegt damit ganz auf der Linie der von der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie Deutschland gestarteten Aktion #wärmewinter.