Der evangelisch-lutherische Kindertagesstättenverband Osterholz-Scharmbeck, Rotenburg und Verden lud in der vergangenen Woche zum Kita-Fachtag in die Stadthalle Osterholz-Scharmbeck alle Mitarbeiter der angeschlossenen Kindertagesstätten zum Thema Gesundheit ein. Nach dem Warm-up mit Meike Heergardt folgte der Vortrag von Felix Fichtner und Vincent Ewers vom Ameos Klinikum in Bremen Oberneuland zum Thema Burn-out. Über 370 Erzieher und Erzieherinnen aus 26 Einrichtungen waren im Publikum dabei.
Burn-out ist ein weitverbreitetes Phänomen, nicht nur in Deutschland. Eine Beschreibung sei schwierig, da viele Faktoren mitwirken. Fichtner sieht eine dauernde Fehlbelastung mit anhaltenden Beschwerden über 6 Monate, die hauptsächlich aus Müdigkeit und Erschöpfung bestehe als gutes Kriterium. Um den Anforderungen des Lebens oder speziell in der Kita gerecht zu werden, ist es entscheidend, sich zunächst um sich selbst zu kümmern. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Sauerstoffmaske im Flugzeug: Man kann anderen nicht helfen, wenn man nicht selbst eine Maske trägt, erklärt der Fachmann.
Burn-out kann dabei sowohl äußere als auch innere Ursachen haben. Äußere Ursachen sind der ständige Zeitdruck und die hohe Arbeitsbelastung. Innere Ursachen können Perfektionismus, Selbstkritik und anhaltende Frustration sein. Oft fällt es schwer, "Nein" zu sagen. Dabei sei es wichtig, sich selbst in den Blick zu nehmen und sich selbst in die richtige Richtung zu lenken.
Warnsignale für ein drohendes Burn-out sind bekannt. Rückzug, verringertes Engagement und eine nachlassende Motivation bis hin zum Gefühl der Sinnlosigkeit, zählt Fichtner auf. Diese Warnzeichen treten nicht über Nacht auf, sondern zeigen sich bereits Wochen oder Monate im Voraus. Anzeichen wie ständige Müdigkeit, fehlendes Interesse an sozialen Aktivitäten und das Gefühl, dass das Wochenende nicht ausreicht zur Erholung, sollten ernst genommen werden. Auch Vergesslichkeit, Vernachlässigung von Prioritäten und Beziehungsprobleme können auf ein Burn-out hindeuten.
Es ist wichtig, auf diese Warnzeichen zu achten und rechtzeitig Maßnahmen zur Selbstfürsorge zu ergreifen. Eine gute Selbstvorsorge ist vonnöten. Stress gilt es zu reduzieren, manchen hilft Entspannungstraining oder Sport. „Ändern Sie Ihre innere Einstellung. Sie müssen nicht perfekt sein. Das muss niemand, das kann niemand. Bitten Sie rechtzeitig um Hilfe, machen Sie rechtzeitig Pause. Eine verbindliche Pausenregelung mit Rückzugsmöglichkeit hilft“, merkten die Vortragenden an.
Burn-out und Depressionen an erster Stelle bei Fehlzeiten von Erzieherinnen und Krankenpfleger. Gesundheit und Arbeit stehen in enger Verbindung und Erzieher sind immer höheren Belastungen ausgesetzt. Durch Personalmangel, aber auch durch immer forderndere Eltern. Mangelnde Wertschätzung. Angst vor Konsequenzen und Lautstärke unterstützen die Krankheit. Eine spontan durchgeführte Umfrage vor Ort bestätigen die bekannten Zahlen. Die Teilnehmer nennen zu 84 % den Personalmangel, zu 52 % die Eltern und ihre Erwartungen und zu 44 % die vorherrschende Lautstärke als größte Probleme. Laut Fichtner und Ewers müssen die Rahmenbedingungen angefasst und es müssen Pläne entwickelt werden, um den Beruf wieder attraktiver zu machen.
Und wie sieht es mit Burn-out und Co. in den Kitas aus? Die pädagogische Leiterin des Fachverbandes Cornelia Kuck nimmt Stellung: „Thema Burn-out ist auch in den Kitas ein Thema. Oft ist es bislang nicht so benannt. Wir nehmen einen Anstieg an Langzeiterkrankungen wahr und auch einen Anstieg von psychischen Belastungen, die zu Erkrankungen führen. Die Mitarbeitenden und Leitungskräfte sehen sich einer Vielzahl von Aufgaben und gestiegenen Anforderungen gegenüber, die kaum zu bewältigen sind. Gleichzeitig gehen die Motivationen der Mitarbeitenden in Kitas auseinander. Wobei einige die Motivation sehr hoch ist, kommen andere kaum noch hinterher und es führt auf beiden Seiten zu Frust und Enttäuschung. Ausfallende Mitarbeiter können nicht immer sofort ersetzt werden, was wiederum zu einer Mehrbelastung der anderen Kräfte führt.“
Seit einigen Jahren ist es eine Fachgruppe zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und einige Wünsche sind umgesetzt. Eine große Zahl der Mitarbeiter nimmt an Gesundheitsläufen teil, der Verband unterstützt dies mit kleinen Aufmerksamkeiten wie Schwimmbadgutscheine oder Trinkflaschen. Kuck: „Auch in der räumlichen Ausstattung unserer Kitas legen wir Wert auf Gesundheitsförderung. Erzieherstühle sind Standard in allen Kitas und auch in der Raumpflege achten wir auf ergonomisches Arbeiten und statten die Kitas dementsprechend aus.“
Der Fachtag „Gesundheit“ war nicht der Erste seiner Art. Bisher allerdings fanden diese in der Lindenschule in Rotenburg statt, die als Veranstaltungsort jedoch nicht mehr zur Verfügung stand. Die Themen lauteten Resilienz (2016) und „Weniger ist mehr“ (2018). Hierbei ging es um das Beziehungsdreieck von Erziehern-Eltern-Kind. 2020 ist der Fachtag Corona bedingt ausgefallen und 2022 fand dieser mit dem Thema „Offene Arbeit“ zum größten Teil dezentral in den Einrichtungen und online statt und nun im großen Rahmen in der Stadthalle.
Um es gar nicht erst zum Stress und zum Burn-out kommen zu lassen, gab es weitere Informationen und Angebote vor Ort. Die Ernährungstipps waren beliebt, Krankenkassen waren zum Austausch vor Ort, die Kita-Clownin Hinni, dahinter verbirgt sich Karina Kraft, regte die Lachmuskeln an. Yoga und Bodypercussion luden zum Schnuppern ein, Waldbaden wurde vorgestellt und diverse Entspannungstechniken und Massagen gab es auf Wunsch obendrauf. Der Büchertisch der Buchhandlung „Die Schatulle“ aus Osterholz-Scharmbeck war ebenso gut besucht, wie der Tisch des Medienkompetenzzentrums, die ihr Angebot speziell für Kitas vorstellte. Nicht nur Bücherkisten, auch iPads und programmierbare Roboter sind hier zu bekommen. Zum Abschluss des Tages gab es ein Konzert mit der A-Capella-Band „Angeblich erträglich.“